Editing mit Yuki
Im hellen, diffusen Licht eines 21-Zoll Bildschirms, starren Yuki und ich auf die Formen, die bernsteinfarben, grün oder rot von den Amplituden-Grafiken des Programms Pro Tools TDM gezeichnet werden. Die Grafiken sind wie dicke Kritzeleien, die zweifach von einer gleichmäßigen Hand gemacht wurden, für den linken und rechten Kanal. Sie illustrieren die Lautstärke im Verhältnis zur Zeit. Wenn man die Leertaste drückt, setzen sich die zackigen Formen in Bewegung und entpuppen sich als Musik für Solo Viola, gespielt von Yukis Frau, Odile.
Das gegenwärtige Problem ist eine kleine Pause in der Partita 4 aus seinen Partiten für Solo Viola. (Die Partiten gehören eingebettet gespielt zwischen den Sätzen von Bachs Suite für Solo Violoncello in G-Dur, in einer Transkription für das kleinere Instrument).
Yuki geht einen Schritt zurück und hört sich die Passage wieder und wieder an. Er singt die Phrase durch, dabei mit exakten Bewegungen mit den Händen dirigierend. Er nimmt eine zarte Porzellantasse mit grünem Tee auf, nimmt einen Schluck und setzt sie wieder ab. Sekunden verstreichen im Studio. Dann sagt er knapp: „30 Millisekunden kürzer”. Ich schneide 30 Millisekunden aus der Pause und der Zwischenraum zwischen den Phrasen, der nur eine winzige Lücke zwischen den Phrasen war, ist nun Teil der Phrasen geworden, eine musikalische Einheit, nicht in Klang gemessen, sondern in der geheimnisvollen Schwester des Klanges, der Stille.
Wir gehen zum nächsten Schnitt über.
Sehn Fruon
(übersetzt von I.-J.V.)