Mit Blick auf die Verstrebungen hoch oben im Aufnahmeraum, spähten wir hinab durch dicke Glasscheiben in die düsteren Tiefen, in welchen das Orchester saß, vertieft in Partiturseiten. Die Spieler trugen nicht schwarz – dies war Arbeit, nicht Showtime. T-Shirts und Alltagshosen drapierten ihre Formen, gleich Tänzern bei der Probe. Sylvain Cambreling, der Dirigent, besprach einen Punkt in drei Sprachen. Von hinter dem Podium sah man seinen kraftvollen, sich verjüngenden Rücken. Es braucht nicht nur Geist, auch physische Arbeit, um zu dirigieren oder zu spielen und Stauds con violenza trieb die Instrumente und den Dirigentenstab zu seinen äußersten Grenzen. J.M.S. zitierte den Flötisten: „Das war der höchste Ton, den ich spielte”.
Einen Monat später saßen Johannes und ich nach Wochen des Editierens im Studio, wir wählten die feinsten Takes gleich duftenden Tabaks, der zu einer musikalische Cohiba gerollt werden sollte. Die Sätze glühten aus den Lautsprechern, pulsierend und detailreich, wie Cambreling sie genommen und wie das K.F. sie gespielt hatte. Wir stellten die Studiomonitore laut, zu laut und ließen jedes Molekül des Gebäudes erzittern mit dem dritten Satz. Staud gestikulierte, als wäre er auf einer Bühne. Ich tanzte. Wir gestikulierten hingerissen. Es herrschte keine Stille im Studio.
Sehn Fruon